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Karneval und Fastenzeit – Alles wird ins Gegenteil verkehrt!

Das Christentum ist die Religion des Gegenteils. Sie nimmt die Umwertung aller Werte vor. Was bisher vorne war, gerät nach hinten, was oben war, nach unten: Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind. Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. (Lk 1, 51 -52) Viele Erste werden Letzte sein und Letzte Erste. (Mt 19, 30) 
Apostelstr., St.Aposteln Ostvierung und Ostkonche, Ausmalung von H. Gottfried 1988-93, Foto Stadtkonservator köln, Körber-leupold 1994
Datum:
23. Feb. 2022
Von:
Jutta Steffens-Hermann

Das Christentum ist die Religion des Gegenteils. Sie nimmt die Umwertung aller Werte vor. Was bisher vorne war, gerät nach hinten, was oben war, nach unten: Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind. Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. (Lk 1, 51 -52) Viele Erste werden Letzte sein und Letzte Erste. (Mt 19, 30) 

Deposuit potentes – Er stürzt die Mächtigen vom Thron: das war das Leitmotiv der mittelalterlichen Narrenmessen. In ihnen fand ein Rollentausch statt. Die einfachsten Ränge nahmen die Plätze der Bischöfe ein. Bis zum heutigen Tag hat sich in Klöstern der Brauch erhalten, dass an einem Tag der jüngste Novize das Amt des Abtes innehat.

Das ist der Ursprung des Karnevals: die Subversion, die Umkehr der Machtverhältnisse für eine gewisse Zeit. Die Beherrschten konnten Luft ablassen, ihren Unmut artikulieren, ungestraft Tabus brechen. Den Herrschenden wurde hingegen damit vor Augen geführt, wie fragil ihre Herrschaft ist, dass jede Hierarchie auch in sich zusammenfallen kann.

Aber nach den Karnevalstagen ging man dann in die Fastenzeit. Wieder eine Umkehr, ein ins Gegenteil gehen. Das war für die Menschen untrennbar miteinander verbunden. So kam denn auch die führende theologische Fakultät des Abendlandes in Paris im Jahr 1444 zu einem schönen Urteil über die Karnevalszeit: Wie die Weinfässer platzen würden, wenn man nicht gelegentlich das Spundloch öffnete um ein wenig Luft abzulassen, so treiben wir etliche Tage lang Possen, damit wir hernach mit desto größerem Eifer zum Gottesdienst zurückkehren können.

Denn das kommt dann ja bald wieder: der Alltag, die endlose Pandemie, die dramatische Situation der Kirche, die gesellschaftliche Polarisierung, die beunruhigende Klimakrise, allerlei Sorgen, Ängste und Nöte. Da wird es dann Zeit, um ins Gespräch zu kommen über das, was zählt. Mit mir selbst, dem lieben Gott und mit meinen Mitmenschen. Um so kraftvoll dem Osterfest, dem Fest der Hoffnung, entgegenzugehen.

Mit besten Wünschen für ein paar jecke Karnevalstage und einen guten Start in die Fastenzeit am Aschermittwoch!

Ihr und Euer Dr. Dominik Meiering, Pfr.